AngelaRenger

Ein Besuch im Wald – anstelle auf dem Friedhof

Auf weichem Waldboden bzw. durch Herbstlaub laufen, frische Luft einatmen, romantisch anmutende Wege beschreiten und diesen ausgedehnten Spaziergang zwischen altem und neuem Baumbestand damit verbinden, einem lieben Verstorbenen nahe zu sein – das geht!

Mit (s)einer letzten Ruhestätte zum ‚Landschaftspfleger‘ zu werden, die Grabpflege der Natur zu überlassen und gleichzeitig Eichhörnchen und anderen Waldtieren viele Jahre einen Rückzugsort zu bieten – ja, das ist heute möglich.

Und schon erhalten ‚Beerdigung‘ bzw. ‚Tod‘ etwas mehr Leichtigkeit und weniger Bedrückendes, wenn man sich vorstellt, im Wald zu stehen, Vogelstimmen zu hören und durch Sonnenschein gewärmt zu werden, oder?  Also, mir ging es jedenfalls so, als ich vor kurzem den Friedwald in Taunusstein besucht habe – ich fand ihn sehr tröstlich. Ein wirklich schöner Ort, um durchzuatmen und schöne Erinnerungen aufleben zu lassen.

Gerade für Menschen, deren Angehörige die Pflege eines Grabes nicht übernehmen können oder die keine Angehörigen haben, ist es eine schöne Alternative. Eine Alternative, die i.d.R. deutlich günstiger ist als eine herkömmliche Grabstätte. Zudem darf ein Friedwald nicht forstwirtschaftlich genutzt werden, d.h. die Bäume in diesem Wald bleiben uns viele Jahrzehnte für unsere Spaziergänge erhalten (FriedWald Taunusstein steht z.B. bis zum 31. Dezember 2110 als Friedhof zur Verfügung).

In den immer beliebter werdenden sogenannten ‚Friedwäldern‘ gibt es verschiedene Möglichkeiten, unter welchen Sie das Passende für eine letzte Ruhestätte wählen können. Sie können z.B. einen eigenen Baum pflanzen bzw. pflanzen lassen, einen bereits gut gewachsenen Baum exklusiv, z.B. für Ihre Familie oder Ihren Freundeskreis, erwerben oder die letzte Ruhestätte unter einem Baum neben anderen Menschen wählen. Ebenso entscheiden Sie, ob auf einem Schild der Name des Verstorbenen erscheinen soll oder nicht – hier ist vieles denk- und machbar!

Angehörigen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, bieten manche Friedwälder besonders gut zugängliche Bäume, so dass auch sie ihre Verstorbenen regelmäßig besuchen können.

Verschiedene Möglichkeiten bieten sich Ihnen auch hinsichtlich einer würdevollen Feier: I.d.R. gibt es im Friedwald einen Andachtsplatz unter freiem Himmel, in Taunusstein darüber hinaus eine Friedhofskapelle in unmittelbarer Nähe, die Sie anmieten und nutzen können. Für die Abschiedszeremonie können Sie z.B. einen Vertreter Ihrer Kirche oder eine freie Rednerin/einen freien Redner wählen.

Was allerdings bisher für alle Friedwälder und Menschen gleichermaßen gilt – im Friedwald ist nur die Bestattung von Urnen möglich. Und das Modell der Urne ist vorgegeben, da sie bestimmte Auflagen erfüllen muss (kompostierbar).

Im Internet finden Sie die Friedwälder in Ihrer Nähe und alle Informationen, ja sogar Fotos. Die meisten bieten Interessierten Führungen durch die Förster an, die Ihnen alle Fragen rund um diese Art der Ruhestätte beantworten. Die Förster zeigen Ihnen u.a., welche Bäume für eine Beerdigung zur Verfügung stehen, denn nicht alle kommen (noch) in Frage. Manche Standorte eignen sich nicht, manche Bäume sind bereits ‚belegt‘. 

Was mich sehr berührt hat:

Im FriedWald Taunusstein gibt es sogenannte ‚Sternschnuppenbäume‘ für die Kleinsten unter uns, von welchen sich ihre Familien viel zu früh verabschieden mussten. Diese Bäume stehen oftmals geschützt zwischen älteren Bäumen und bieten den Familien damit auch einen würdevollen, ungestörten Rahmen für ihren Abschied.

Einer dieser Sternschnuppenbäume, eine kleine Buche, trägt wohl selbst dann noch sein Laub, wenn alle anderen Bäume es längst abgeworfen haben – und leuchtet dann in der Herbstsonne zwischen all den anderen Bäumen. Ein Anblick, der auch die dortigen Förster immer wieder bewegt.

Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen eine Möglichkeit der Verabschiedung näher bringen konnte, die uns die Zeit der Trauer mit Naturverbundenheit, mit Durchatmen und einem Stück Leichtigkeit verbinden lässt. Eine der schönsten Möglichkeiten, uns die Sorge zu nehmen, wer sich um die Pflege einer letzten Ruhestätte kümmern wird – das übernimmt gerne die Natur!

Herzliche Grüße,

Ihre

Angela Renger

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